TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 25. Februar 2015

Gute-Nacht-Geschichte Navy CIS

von Sophie Miller
 
Am gestrigen Mittwoch titelte die Website Quotenmeter damit, die einst so erfolgreiche Krimiserie Navy CIS sei für den Sender Sat.1 regelrecht zum Ballast geworden. Sie erreichte am vergangenen Dienstag gerade einmal 4,7 Prozent des Gesamtpublikums und schrammte damit am Tiefstwert vorbei.


Keine Überraschung.

Das 2003 als Spin-Off der beliebten Anwaltsserie JAG – Im Auftrag der Ehre gestartete Format kann mittlerweile nicht mehr so recht überzeugen. Die Spezialeinheit des NCIS befindet sich regelmäßig auf Verbrecherjagd, versucht Mordfälle zu lösen, den Terrorismus zu bekämpfen und persönlichen Erzfeinden die Luft abzuschnüren. Unangefochtener Leiter des Teams ist der ehemalige Marineoffizier und Special Agent Leroy Jethro Gibbs. Ihm unterstellt sind Frauenheld und Klassenclown Tony DiNozzo, die frühere Mossad-Agentin Ziva David, der schüchterne Computer-Nerd Timothy McGee und Neuzugang Ellie Bishop. Unterstützung erhält das Team von der exzentrischen Forensikerin Abby Sciuto und dem Gerichtsmediziner Ducky Mallard. In fast jeder Folge löst die Truppe irgendeinen einfältigen Fall, Gibbs verpasst DiNozzo eine Kopfnuss für einen seiner pubertären Witze und DiNozzo und McGee streiten sich darum, wer von ihnen sexuell erfolgloser und inkompetenter ist. Immer wieder dieselbe Story. Und was die Mittel zur Lösung der höchst brisanten Fälle angeht, stehen dem Team alle Türen offen. Es wird verwanzt, eingebrochen, völlig Unschuldige werden grundlos verhaftet, ausgebeutet oder in Gefahr gebracht – Hauptsache sie können sich am Ende selbst als die mutigen Ritter feiern. Wie zwiespältig die Moral der Serie ist, zeigt sich auch besonders deutlich daran, dass Gibbs nie für den Mord an dem Mann, der seine Familie umgebracht hat, belangt wird. Die Gothic-Lady Abby hilft ihm sogar dabei, die Mordtat zu vertuschen. 
Aber als Zuschauer fehlt es einem vor allem an Abwechslung. Die Fallkonstruktionen wirken bei den Haaren herbeigezogen und jeder Schritt ist vorauszuahnen. Momente, in denen einem vor Schrecken oder Anspannung die Luft weg bleibt, gibt es nicht. Zunehmend stehen familiäre Probleme und Sentimentalitäten im Fokus des Geschehens. 
So zum Beispiel auch in der finalen Folge der 11. Staffel, die am 19.10.14 auf Sat.1 ausgestrahlt wurde: Das Staffelfinale handelt primär von Gibbs Familie und der Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit. Natürlich gibt es aber auch in dieser Folge einen heiklen Fall, den das Team mit allen Mitteln der Kunst zu lösen versucht. An Bord eines Navy-Schiffs, das als Gefangenenlager für mutmaßliche Terroristen diente, ist ein Feuer ausgebrochen und die Spezialeinheit des Navy CIS steht vor der Frage, ob es sich dabei um einen Unfall oder Brandstiftung handelt. Bei den Ermittlungen kann Gibbs, der Gentleman mit dem Silberhaar, seinen Jungspunden allerdings nicht auf die Finger schauen. Ihn erreicht die Nachricht vom Tod seines Vaters und er reist kurzerhand in seine Heimatstadt. Als jedoch ans Licht kommt, dass ein alter Erzfeind für den Brand verantwortlich ist und einen der Terroristen damit beauftragt hat, Gibbs zu töten, eilt dieser schnell herbei. Schließlich sei „sein Job alles, was er noch hat“. Mal abgesehen davon, dass ein Auftragsmörder hinter ihm her ist. Aber Gibbs ist natürlich ein so ausgefuchster Special Agent, dass nicht der Killer ihn umbringt, sondern er den Killer. Aber nicht nur das. Auch Rivera wird für seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen und die Terrorzelle vernichtet. Gibbs kehrt zurück in seine Heimatstadt und versinkt in den Erinnerungen an seine Kindheit. Eine plötzliche Wendung hat die Serie aber noch parat: Der Mann, den Gibbs umgebracht hat, war nicht der Auftragskiller. Der wahre Auftragsmörder lauert Gibbs auf, aber – wie könnte es anders sein – er kommt ihm zuvor. So kann es doch noch zu dem melodramatischen Happy End kommen, mit dem der Kriminalfall zur Kulisse eines Familiendramas degradiert wird. 
Trotz alledem zählt Navy CIS nach wie vor zu den beliebtesten TV-Serien der Welt. Das ausgelaugte Konzept der Serie scheint seine alteingesessenen Fans haben. Denn, wer es mag, dass der Fokus auf die zwischenmenschlichen Beziehungen und die Vielfältigkeit der Charaktere gelegt ist, kommt auf seine Kosten. Sicher gibt es einige Zuschauer, die sich mit mindestens einem der Hauptcharaktere identifizieren können. Sei es der trockene Humor von Gibbs, der herrlich spitzbübische Schwachsinn DiNozzos oder das Unkonventionelle an Abby. Auffällig und durchaus erwähnenswert ist zudem der Einsatz des „Freeze Frame Shots“. Das filmische Stilmittel zeichnet sich dadurch aus, dass ein bestimmtes Einzelbild eines späteren Moments in der Serie aufblitzt. Die schwarz-weißen Standbilder, auch Phoofs oder Foofs genannt, verweisen immer auf eine bedeutungsgeladene Szene am Ende eines „Aktes“, zeigen jedoch durch starke Zoom-Ins nichts Eindeutiges. Theoretisch ein geschicktes Mittel, um beim Zuschauer die Frage aufkommen zu lassen: „Was passiert als nächstes?“

Funktioniert nur nicht so richtig. Hinsichtlich der Kriminalfälle passiert meistens nichts, was den Zuschauer vom Hocker reißen könnte. Irgendwie handelt es sich bei Navy CIS mehr um seichte Unterhaltung als um eine fesselnde Krimiserie. Da kann man schon mal ein paar Folgen verpassen und weiß trotzdem noch um was es geht. An der grundsätzlichen Figurenkonstellation ändert sich nämlich kaum etwas. Perfekt für den Viewer, der das Geschehen mit trägem Blick verfolgt und sich gerne noch ein bisschen berieseln lässt, bevor er vor dem Fernseher einschläft.

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